Helicon Focus, der digitale Scharfmacher

Foto-Stacking mit Helicon Focus

Um die Einzelaufnahmen einer Fokusreihe – siehe mein voriger Blog – zu einem durchgängig scharfen Bild zusammenzusetzen, benötigt man eine Software, die Bild für Bild analysiert, die jeweils schärfsten Bereiche identifiziert, und die Ergebnisse in eine sinnvolle Relation zueinander setzt. Genau das macht Helicon Focus: Man braucht nur die einzelnen Fotos mit der Maus auf die Benutzeroberfläche des Programms zu ziehen, einen von drei Stacking-Modi auszuwählen, und auf „Render“ zu klicken, und hat innerhalb kürzester Zeit das fertige, gestochen scharfe Foto auf dem Bildschirm.

Helicon Focus erlaubt es, beim Stacking zuzuschauen. Drei verschiedene Methoden stehen dabei zur Auswahl.

Helicon Focus erlaubt es, beim Stacking zuzuschauen. Drei verschiedene Methoden stehen dabei zur Auswahl.

Das Programm stellt drei verschiedene Algorithmen zur Berechnung der optimalen Schärfe zur Verfügung, wobei die so genannte Pyramiden-Methode am einfachsten handzuhaben ist, da hier keinerlei zusätzliche Parameter zu berücksichtigen sind. Bei den Methoden „Gewichteter Mittelwert“ und „Tiefenabbild“ hingegen sind Radius und Glättung zu beachten – durch geschicktes Jonglieren mit den beiden Reglern kann die Schärfe von kleinen Details und Kantenübergängen verbessert werden, es besteht aber auch die Gefahr, unschöne Artefakte zu produzieren. Hier heißt es, experimentieren und ausprobieren, welches Verfahren mit welchen Einstellungen das beste Resultat liefert – für Perfektionisten ist damit Beschäftigung für viele, lange Winterabende garantiert. Wer es nicht ganz so genau nimmt, kann die drei Stacking-Methoden mit den Standardeinstellungen durchlaufen lassen, und wird mit dem Ergebnis ebenfalls sehr zufrieden sein.

Nach dem Rendering steht dem Benutzer ein interessantes Nachbearbeitungswerkzeug zur Verfügung: Das Tool erlaubt es, Elemente aus einem der Quellbilder in das fertig gerenderte Bild zu kopieren, um so Details besser hervorzuheben. Auch „Geisterbilder“, die entstehen können, wenn sich ein Teil des Motivs während der Aufnahme ein wenig bewegt hat, lassen sich mit dem intelligenten Pinsel auf relativ einfache Weise beseitigen. Der Pinsel zeigt immer ein Abbild des ausgewählten Bereichs des Quellbildes an, sodass man schon beim Darüberfahren mit der Maus sehen kann, wie sich die Änderung auswirkt. Ist das Resultat zufriedenstellend, drückt man die linke Maustaste, und schon ist der entsprechende Teil übernommen. Auch Texte oder eine Skala zur besseren Darstellung der Größe können relativ einfach eingeblendet werden.

Für komplexere Nachbearbeitungsschritte bietet Heliconsoft das Programm „Helicon Filter“ an, mit dem sich unter anderem Farbsäume, Kontraste etc. korrigieren lassen. Das Programm bietet zahlreiche klassische Bildbearbeitungswerkzeuge wie etwa eine Pipette zum nachträglichen Weißabgleich, aber auch sehr komplexe Einstellmöglichkeiten wie beispielsweise Regler für Sättigung und Spektralempfindlichkeit.

Helicon Filter bietet zahlreiche Optionen zur Nachbearbeitung von Fotos.

Helicon Filter bietet zahlreiche Optionen zur Nachbearbeitung von Fotos.

Aber zurück zu Helicon Focus – das Programm unterstützt neben dem Fokus-Stacking auch die Erstellung so genannten Mikropanoramen: Man verschiebt auf einem mit einer Kamera ausgestatteten Mikroskop in kleinen Schritten den Objektträger, und die Software fügt dann die einzelnen Fotos zu einem großen Bild zusammen. Dies funktioniert aber nur, wenn die einzelnen Fotos tatsächlich in einer flachen Ebene aufgenommen wurde – für Rundschwenks ist die Software weniger geeignet, dafür gibt es andere Programme. Allerdings habe ich Helicon Focus auch schon dafür zweckentfremdet, mehre von einem Stativ aus aufgenommene Bilder einer Silvesternacht übereinanderzulegen und so Dutzende Feuerwerksraketen, die im Laufe mehrerer Minuten über den Himmel zischten, auf einem Bild zu einem prächtigen Spektakel zu vereinen.

Interessant ist übrigens auch die in der jüngsten Version von Helicon Focus hinzu gekommene Option, ein Video-File zu importieren: Die Datei wird beim Einlesen in ihre einzelnen Frames zerlegt, die dann wie oben beschrieben den Stacking-Prozess durchlaufen. Die Einzelbilder werden zwar beim Beenden des Programms wieder gelöscht, man kann sich jedoch, solange das Programm noch läuft, über einen Rechtsklick in der Spalte „Quelldateien“ (im rechten Tel des Bildschirms) unter „Bildinformationen“ anzeigen lassen, wo die Frames zwischengespeichert sind, und dann über den Windows-Explorer an diese Stelle navigieren und das gewünschte Bild an eine andere Stelle kopieren.

Und noch ein nettes Feature hat Helicon Focus zu bieten: Aus den unterschiedlich fokussierten Einzelbildern kann auch eine Art 3D-Modell erstellt werden, das dann einen plastischen Eindruck des aufgenommenen Objekts vermittelt.

Helicon Focus ist für Windows und Apple Macintosh verfügbar. Ein wenig kompliziert erscheint allerdings das Lizenzmodell von Heliconsoft (Stand 19.1.2016): Kauft man direkt über die Hersteller-Webseite ein, bezahlt man für das Pro-Package entweder 63,67 Euro pro Jahr, oder 231,54 Euro für die unlimitierte Version. Neben der Stacking-Software selbst ist in diesem Preis auch ein Tool namens Helicon Remote enthalten, das es erlaubt, verschiedene Kameratypen vom PC aus zu steuern. Das Programm fügt sich nahtlos in Helicon Focus ein, sodass Fotografieren, Stacken und Nachbearbeiten in einem durchgängigen Arbeitsprozess erledigt werden kann. Da die Kamera dazu am Computer angeschlossen sein muss, ist diese Lösung für unterwegs nur bedingt geeignet. Es gibt zwar auch eine Android-Version der Remote-Software, die allerdings extra gekauft werden muss. Das oben erwähnte Bearbeitungstool Helicon Filter wiederum kostet knapp 35 Euro.

Über das Portal heliconfocus.de kann Helicon Focus Pro ebenfalls bezogen werden, hier bezahlt man nur 129,95 Euro, allerdings ohne das Remote-Tool, auf das viele Benutzer ohnehin verzichten können. Außerdem ist das hier angebotene Programm eine Spur älter als die Version, die von der Webseite des Herstellers heruntergeladen werden kann. Das deutschsprachige Portal wird von der niederländischen Firma Globell betrieben.

Anfangs- und Endbild der Fokus-Reihe, am unteren Ende das mit Helicon Filter  nachbearbeitete Endergebnis.

Anfangs- und Endbild der Fokus-Reihe, am unteren Ende das mit Helicon Filter nachbearbeitete Endergebnis. (c) 2016 Uwe Fischer

http://www.heliconsoft.com

http://www.heliconfocus.de